Unlängst diskutierten wir im Kreise einiger Sommeliers dieses brisante Thema. Warum wird als Begleitung zum Matjes eher Bier als Wein gereicht? Vielleicht, weil das kühle Blonde aufgrund der sanften Bitternoten, den süßlichen Kohlenhydraten und der erfrischenden Kohlensäure besonders gut zum Matjes passt. Wir wollen einfach wissen, welchen geschmacklichen Kriterien ein möglicher Weinpartner entsprechen müsste und verabreden uns deshalb für eine Matjes- und Weinprobe.
Der Fisch
Der Matjes kommt frisch und direkt von einem holländischen Fischhändler. Als Begleitung werden Zwiebeln, Schalotten, gekochte Kartoffeln und Schmand serviert. Im Gegensatz zum herkömmlichen Matjes, den man im Supermarkt bekommt, besitzt unser Fisch einen feinen Eigengeschmack, ist nur wenig gesalzen und füllt den Gaumen mit einer buttrig zarten Fettschicht.
Der Wein
Bei unseren Überlegungen kommen die leicht bitteren Noten eines herben Biers ebenso zur Sprache, wie die süßlichen Kohlenhydrate. Süße puffert Bitterkeit. Das bringt uns auf Weintypen, die im Holzfass ausgebaut werden aber auch auf maischevergorene „Orange Wines“. Aber wie intensiv dürfen die herben oder bitteren Noten letztendlich sein, um trotzdem mit dem reichhaltigen, dennoch zarten Matjes klarzukommen?
Die Probe
Die teilnehmenden Sommeliers sind gefordert und müssen ihre gedanklichen Favoriten zum Tasting anstellen. Gut zwei Dutzend Weintypen schaffen es ins Finale. Wir teilen sie in unterschiedliche Kategorien, um die Probe nachvollziehbar zu gestalten. Keiner der angestellten, im Stahltank ausgebauten Burgunder hat eine Chance. Weder die lebhaft frischen Tropfen, noch die voluminöseren Burgunder-Typen, mit Matjes bekommen alle einen süßlichen, unangenehmen Geschmack. Erst ein Muscadet von Château-Thébaud überzeugt mit zarter Reife, Vielschichtigkeit und entsprechender Struktur. Die stärkehaltigen Kartoffeln mag er nicht, aber mit dem Matjes kommt er bestens zurecht! Dagegen haben die gereiften Rheingauer Rieslinge wenig Chance. Die typischen Petrolnoten werden verstärkt, trotz der angenehmen, lebhaften Säure entsteht eine karamellige Süße, die dem fettreichen Matjes überhaupt nicht steht und zusätzlich noch den Trinkfluss stoppt.
Bei im Barrique ausgebauten Weißweinen müssen Holzeinfluss und die damit einhergehende Phenolstruktur eine gewisse Balance besitzen. So benötigt der Lagen-Silvaner Eselspfad des Ingelheimer Winzers Jens Bettenheimer neben dem Matjes auch noch Kartoffeln, Schmand und Zwiebeln. Mit diesem Beispiel wird uns klar, dass die herbe, phenolische Prägung des Holzfass-Ausbaus einer der Schlüssel zu einer passenden Verbindung sein wird.
So kommen schließlich „Orange Wines“ und Typen ähnlicher Prägung ins Spiel. Diese im Prinzip wie Rotweine hergestellten Weißweine – also mit der Maische vergoren – verfügen über eine spürbare Gerbstoff-Struktur. Aber auch hier experimentieren die Winzer. Es gibt Weine, die rückverschnitten, also nur zum Teil eine Maischegärung mitgemacht haben, welche mit einer reduktiven Art, und auch „Natural Wines“ ohne zugesetzten Schwefel mit äußerst extremer Prägung. So kommen beispielsweise der südsteirische 2011er „Ex Vero 1“ vom Weingut Werlitsch, 2011 Jura Chardonnay „Les Bruyère“ von Bénédicte & Stéphane Tissot, 2013 Rhône Viognier Les Fleures „Sauvages“ und 2014 „Vin nu blanc“ von Les deux Terres aus Ardèche an der Rhône bestens mit der Aufgabe zurecht. Alle diese Weißweintypen balancieren mit ihrer Phenolstruktur den fettreichen Matjes samt seiner Beilagen. Schwierig wird es ab einer bestimmten Intensität der Phenolstruktur. Wenn zuviel adstringierende, bittere Noten, wie bei 2015 „Le temps des cerises“ Brutal total, zum Tragen kommen, funktioniert das Zusammenspiel nicht mehr.
Wollen Sie es genauer wissen?
Wen das Thema interessiert und es noch etwas genauer wissen möchte, kann gerne hier! diese spannende Matjes- und Weinprobe detailliert nachlesen
Teilnehmer der „Wein geht nicht zum Matjes“ Probe:
Melanie Panitzke, Sommeliere, Wein am Rhein, Köln
Christian Connerth, Commis Sommelier, Wein am Rhein, Köln
Thorsten Kiss, Rewe Rahmati, Köln
Anke Kürschner, Wein & Wasser, Lindlar
Jörg Jasper, GENUSS Werkstatt, Köln
Christina Fischer, Sommeliere, GENUSS Werkstatt, Köln