Wie Boden, Lage und Terroir den Wein-Charakter prägen

Neben Sonnenausrichtung, Hanglage, Klima und Niederschlägen prägen auch die verschiedenen Bodenarten eines Weinanbaugebietes das Gesamtbild eines Weines. So können auch Einzellagen und das Terroir Einfluss auf Geschmack und Charakter nehmen.

WEIN UND VERSCHIEDENE BODENTYPEN

Bodeneigenschaften wie Wasserspeicherfähigkeit oder Nährstoffverfügbarkeit bestimmen nicht nur das Wachstum der Reben, sondern beeinflussen auch den Charakter der Trauben und somit den Geschmack des Weines. Im Laufe von Millionen Jahren haben sich durch Verwitterung von Gesteinen, Mineralien und organischen Stoffen vielfältige Bodentypen gebildet. Für einzelne Regionen ist daher eine bestimmte Bodenbeschaffenheit typisch:

Schieferboden – Wein von Mosel, Mittelrhein und Ahr

An der Mosel, am Mittelrhein, an der Ahr und in vielen Rotweingebieten anderer Länder ist Schiefer der geschätzte Untergrund für die Reben. Hier wachsen bevorzugt der Riesling und der Spätburgunder. Devon-Schiefer wird als die beste Variante der diversen Schieferarten angesehen. Schiefer kann gut Wärme speichern und gibt diese in der Nacht an die Reben ab. Es gibt verschiedene Farbschattierungen und so bezeichnen Winzerinnen und Winzer die Weine gerne als Blauschiefer, Rote Lay oder als Roter Hang. Schiefer drückt sich im Wein durch eine mineralische Note aus und verleiht einem Riesling seine unverkennbare Stilistik.

 

Lehm und Löss – Wein aus Rheinhessen

In Rheinhessen herrscht ein ausdrucksstarker Lehm- und Lössboden vor. Die Kombination ist für jeden Winzer eine äußerst fruchtbare Angelegenheit: Löss ist eine Art Gesteinsmehl aus Sand und Kalk, sehr nährstoffreich, aber ohne ausgeprägte Wasserspeicherkraft. Lehm ist tiefgründig und wird oft als schwerer Boden bezeichnet. Weine, die auf diesem Boden wachsen, liefern in der Regel geringere Erträge und führen zu komplexen und fruchtbetonten Weinen.

Mineralische Weißweine werden oft als „kühl“ wahrgenommen und sind säurebetont. Im Aroma und im Geschmack sind oft Heu, trockenes Gras, Blüten, Buchsbaum und Kräuter zu erkennen. Bei den Rotweinen sind Rote Beeren, Pfeffer, Liebstöckel, Leder und Heu typisch. Weine, die auf kräftigen und nährstoffreichen Lehm- oder Lössböden wachsen, erinnern bei Weißweinen an exotische Früchte wie Ananas, Honig, und Rosenblätter. Ein Rotwein schmeckt nach Cassis, Karamell Schokolade und Rumtopf.

WEINLAGEN: WEIN AUS UNTERSCHIEDLICHEN LAGEN

Die Lage gibt den geographischen Anbauort des Weins an. Innerhalb des Anbaugebiets wird dabei hierarchisch in Bereiche, Großlagen und Einzellagen unterschieden. In Deutschland ist somit jede Anbaufläche mit einer Lagenbezeichnung gekennzeichnet. Je kleiner die Herkunft bezeichnet ist, desto hochwertiger wird der Wein sein.

Qualitätsstufen von Weinerzeugnissen

Es ist besonders dem Verband der Prädikatweingüter (VDP) zu verdanken, dass auch die deutschen Spitzengewächse eine nationale und internationale Anerkennung bekommen. Der Qualitätsgedanke des VDP offenbarte aus meiner Sicht die Renaissance des deutschen Premium-Weines. Bereits seit 2002 gibt es eine eigene Klassifikation. Die Regeln für deutsche Weinqualität wurden seitdem von 200 Winzern umgesetzt und weiterentwickelt.

Weinlagen: Landschaft im Kaiserstuhl

 

VDP.GROSSE LAGE® (GG)

Die Kultkategorie VDP.GROSSE LAGE® zeichnet die allerbesten deutschen Weinberge aus, welche parzellengenau abgegrenzt sind. Hier reifen einzigartige Weine, die ein großes Reifepotenzial aufweisen. Nur die allerbesten und zum jeweiligen Weinberg passenden Rebsorten genießen das Privileg, dort große Weine hervorzubringen. Der trockene Wein aus einer Großen Lage ist das Große Gewächs. Sie bilden die Spitze der vierstufigen Qualitätspyramide. Die Weine zeigen das einzigartige Terroir auf und haben Charakter und Persönlichkeit. Klassische Rebsorten wie Riesling und Spätburgunder werden mit minimalem Ertrag per Hand gelesen. Frucht- und edelsüße Prädikatsweine aus der Großen Lage kommen ab dem 1. Mai des auf die Lese folgenden Kalenderjahres auf den Markt. Die Weißweine unter den Großen Gewächsen werden erst nach etwa einjähriger Reife ab dem 1. September auf den Markt gebracht. Und die Rotweine reifen noch ein Jahr länger – davon mindestens 12 Monate im Eichenfass – und werden erst ab dem 1. September des zweiten auf die Lese folgenden Kalenderjahres für den Verkauf frei gegeben.

 

„Rheingau Großes Gewächs“ als gesetzliche Bezeichnung

Im Anbaugebiet Rheingau ist die Klassifikation der Premiumweine gesetzlich geregelt. Dort wird seit 20218 anstelle des Begriffs „Großes Gewächs“ die Bezeichnung „Rheingau Großes Gewächs “ verwendet.

 

WEITERE LAGENWEINE DES VDPS

Eine VDP.ERSTE LAGE® (1G) kennzeichnet erstklassige Lagen mit eigenständigem Charakter, in denen optimale Wachstumsbedingungen herrschen und nachweislich über lange Zeit Weine mit nachhaltig hoher Qualität erzeugt wurden. Sie sind mit regional festgelegten Rebsorten bepflanzt.

Die VDP.ORTSWEINE sind Botschafter ihrer Gemeinde. Sie entstammen hochwertigen, charaktervollen und traditionellen Weinbergen innerhalb einer Ortsgemarkung. Neben hochwertigen Weinbergslagen sind regionale Rebsorten und beschränkte Erträge Grundvoraussetzung für diesen Weintyp.

Die VDP.GUTSWEINE sind der gute Einstieg in die herkunftsgeprägte Qualitätshierarchie der Prädikatsweingüter. Die Weine stammen aus gutseigenen Lagen und entsprechen den strengen VDP Qualitätsstandards.

TERROIR: WEIN MIT CHARAKTER

Was macht eigentlich die Qualität eines Weines aus? Sicherlich nicht nur ein hoher Zuckergehalt in der Beere, eine gesetzliche Klassifikation oder eine Qualitätsweinprüfung, die ungenügende und fehlerhafte Weine aussortiert. Es gibt mehr, viel mehr, was einen Wein ausmacht, was ihm seine natürliche Geschmacksausprägung gibt und seine Seele offenbart. Gemeint ist das Terroir!

Was heißt Terroir?

Rotwein im Weinberg: Welchen Einfluss haben Boden und Lage auf den Geschmack eines Weines?

Der Begriff „Terroir“ kommt aus dem Französischen. Schon im Mittelalter haben Zisterzienser-Mönche den Einfluss bestimmter Weinbergslagen auf die Qualität des Weines beobachtet. Daher fassten sie im Burgund Gebiete, die einen einheitlichen Wein lieferten, durch den Bau einer umrahmenden Mauer zusammen.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Begriff näher gefasst und diente als Grundlage des französischen Weingesetzes. Terroir bedeutet wörtlich „Boden“ oder „Acker“, im übertragenen Sinn auch die Herkunft oder Heimat.

Heute meint Terroir die emotionale Wahrnehmung der Natur auf der Zunge. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: die Geologie, die Topografie, das Klima, der Boden und seine Eigenschaften. Terroir ist das Zusammenspiel aller natürlichen Faktoren, die den Charakter eines Weins geprägt haben; alles, was ihn zu einem eigenständigen Produkt eines einzigartigen Ortes gemacht hat.

 

Terroir im Weinbau

Hinzu kommen Rebsorte und Alter des Weinstocks, wie tief er wurzelt, was er aus der Tiefe hervorbringt und die Hand der Winzerin bzw. des Winzers: Wie sie oder er es versteht, aus allen diesen Gegebenheiten eine Prägung zu formen und ihre oder seine Erfahrung, das Wissen, Können, Fingerspitzengefühl und Leidenschaft auf den Wein zu übertragen. Terroir bedeutet auch Naturschutz und Naturpflege, die einzigartigen Terrassen und Weinfelder zu erhalten und in den jeweiligen Anbaugebieten die besondere Fauna und Flora zu schützen.

 

Eine Winzerin bei der Weinherstellung

 

Bei Weinen der günstigen bis leicht gehobenen Preisklasse spielt der „Terroir“-Begriff in der Regel keine große Rolle. Bei diesen Weinen stehen eher die rebsorten-typischen Aromen im Vordergrund. Die Rebsorten Gewürztraminer, Chardonnay oder Dornfelder liefern zum Beispiel ein sehr ähnliches Geschmacksprofil, selbst wenn sie aus unterschiedlichen Regionen stammen. Riesling und Spätburgunder hingegen eignen sich perfekt als authentische Weine eines bestimmten Ursprungs.

 

WEINE ALS BOTSCHAFTER EINER REGION

Die Winzerin oder der Winzer muss unter Berücksichtigung der Bodenverhältnisse erkennen, welche Rebsorte für den eigenen Weinberg und den angestrebten Weinstil am besten geeignet ist. In dieser Konstellation – Boden, Klima, Rebsorte und Winzer – entsteht bei harmonischem Zusammenspiel der unverwechselbare Charakter eines regionaltypischen Weines.